November

Mispel

Abb. 1: Mispelstrauch
Abb. 1: Mispelstrauch

Mespilus germanica, Rosengewächse, Rosaceae, Gehölz

Eine der Raritäten, die sich im Amelungsborner Klostergarten befinden, ist die Mispel.

Im Gegensatz zu der ähnlich klingenden „Mistel“, die sich im Geäst von Laubbäumen als deren Schmarotzer ernährt, ist sie ein Großstrauch oder kleiner Baum von etwa 4 bis 6 m Höhe, oft mehrstämmig und breit ausladend im Wuchs.

Der botanische Name „Mespilus germanica“ (= „deutsche Mispel“) ist in die Irre führend.
Er leitet sich von dem schwedischen Botaniker Carl von Linné ab, der sie in Deutschland vorgefunden und entsprechend beschrieben hat.
Der Ursprung der Mispel aber liegt in Südeuropa und Westasien, besonders im Kaukasus.
Ihr Standort sind Regionen mit warmen Sommern und milden Wintern.

Die Mispel sollte nicht verwechselt werden mit der in Baumschulen und Baumärkten als Gartengehölz angebotenen „Zwergmispel“, dem Cotoneaster.

Von den Römern nach Mitteleuropa exportiert, war die Mispel im Mittelalter ein verbreitetes Obstgehölz.

Abb. 2: Blüte der Mispel
Abb. 2: Blüte der Mispel

In fast allen Klostergärten war sie vertreten.
Im Laufe der Jahrhunderte verlor allerdings sie an Bedeutung und kommt heute nur noch vereinzelt vor.

Die Mispel gehört zu den Rosengewächsen. Die graphische Darstellung der Blüte  verrät dies deutlich.

Wie so viele der Rosengewächse (dazu gehören z.B. auch Kirschen und der Weißdorn) blüht sie in den Monaten Mai bis Juni.

Die Oberseite der ca. 10 cm langen lanzettförmigen Blätter ist dunkelgrün, die Unterseite grau und dicht behaart.
Im Herbst verfärben sie sich rötlich braun.

Im Laufe des Sommers wachsen die Früchte. Sie werden ca. 4 cm dick und sind apfelförmig, aber abgeplattet. Ihre Schale ist behaart und färbt sich zum Herbst braun. Es handelt sich dabei um Scheinfrüchte. Das Fruchtfleisch beherbergt meist fünf steinharte Kerne. Die Scheinfrucht läuft aus in fünf zottelige, an einem nach innen geöffneten Kelch befindliche Kelchzipfel.
Die Früchte sind im Herbst zunächst ungenießbar und hart.
Erst durch Fröste und eine längere Liegezeit werden sie mürbe und wirtschaftlich nutzbar.

Man kann aus ihnen Marmeladen, Gelees und Säfte gewinnen, das geschieht gern in Kombination mit Äpfeln und Wildobst.

In der Most- und Weinbereitung fanden sie ebenfalls Verwendung.
Der hohe Gehalt an Gerbsäure war ein natürliches Mittel zur Klärung trüber Weine und Obstsäfte.

Abb. 3: Früchte
Abb. 3: Früchte

Wie der herbe Speierling ist die Mispel öfter dem Apfelwein beigefügt worden.

Es gibt Liebhaber, die die Mispel als Brennfrucht schätzen. Dem Mispelbrand eignet ein fruchtig-herber Geschmack.

In der Kloster- und Volksmedizin wurden die entzündungshemmenden, adstringierenden und harntreibenden Wirkstoffe der Mispel zur Behandlung von Erkrankungen des Magens, des Darms und der Atemwege eingesetzt.
So schrieb der Apotheker Tabernaemontanus (1520 - 1590): „Die harten Steinlinden in der Frucht sollen ein gewisse Kunst seyn wider den Stein in Nieren und Blasen. Die dürren Blätter zu Pulver gestossen / und eingestreuet / hefften zusammen die Wunden und stillen das Blut.”

In Aserbaidschan soll die Mispel noch heute zur Behandlung des „Morbus Crohn“, einer chronisch-entzündlichen Magen-Darm-Erkrankung, verwendet werden.

Auch für einen weiteren Zweck eignet sich die Mispel: Unreife Früchte, Blätter und die Rinde können zum Gerben benutzt werden.

Übrigens: Die Stadt Viersen im Gelderland führt Mispeln im Wappen.
Aus der Mispel werden in der rheinischen Stadt zahlreiche Speisen zubereitet, z.B. Mispel-Streuselko-ek (Mispelstreuselkuchen), Mispelkonfekt, Mispelmarmelade und Mispellikör.

Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit der Mispel wird dringend abgeraten!

 

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)

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