April

Abb. 1: Der Klostergarten Ende März 2011

Gänseblümchen

Bellis perennis, Korbblütler, Asteraceae, Staude 

Wie schon der vergangene war auch dieser Winter 2011/2011 lang und hart.

Als Pflanze des März war die grüne Nieswurz (Helleborus viridis) vorgestellt worden. Die Eiseskälte im Februar hatte sie erschlaffen lassen, aber das erwähnte „innere Frostschutzmittel“ hat einem Erfrieren entgegengewirkt, alle Helleborus-Pflanzen im Klostergarten stehen inzwischen wieder in voller Kraft.

Allerdings machten die Vorbereitung für den April-Beitrag Schwierigkeiten, die ebenfalls mit dem Frost zusammen hingen.
Außer dem im letzten Jahr im April vorgestellten Lungenkraut und der grünen Nieswurz wirkt der Klostergarten immer noch fast wie ausgestorben. Nur Schneeglöckchen (Galanthus nivalis) und Winterlinge (Eranthis hyemalis) sind neben einigen Garten-Krokussen zu sehen. All diese Pflanzen erwarten wir im Februar und im März, nicht aber im April.

Abb. 2: Gänseblümchen und Vogelmiere, vergesellschaftet

Doch auch im so kahlen April-Garten gibt es etwas zu sehen. Man muss den Blick nur auf das Unscheinbare zu richten bereit sein.
Und da fallen zwei Pflanzen auf, die im Sommer aus der Sicht von Garten- und Rasenperfektionisten eine Plage sind, die aber als wirkliche Überlebenskünstler gelten können.
Es sind das Gänseblümchen und die Vogelmiere (Stellaria media). Beide wachsen in Amelungsborn an einigen Stellen vergesellschaftet zusammen. Beide lieben dichtere stickstoffhaltige Böden.

Mehrere Autoren haben sich zum Anwalt der Vogelmiere gemacht. Sie sei beileibe kein Unkraut, sondern Heilpflanze, die durch ihren Vitamin C-Gehalt beeindrucke und bei Lungenerkrankungen und Hämorrhoiden eingesetzt werden könne. Sie sei ein ideales Vogelfutter, schütze Böden und Hänge vor Erosionen.

Das Gänseblümchen, auch „Maßliebchen“ oder „Gänseliesl“ genannt, ist eine sehr verbreitete Blume. Ihre weißen Korb- oder Zungenblätter sind nicht die Blüten. Diese sitzen in dem gelben Knopf in der Mitte. Die Korbblätter sind heliotrop, d.h. sie richten sich der Sonne entgegen. Am Abend und bei trübem Wetter schließen sie sich.

Abb. 3: Vogelmieren-Kolonie

3 bis 10 cm wird das Gänseblümchen hoch. Mancher Gartenfreund hat schon ihre Fähigkeit bewundert, den blütentragenden Stängel immer kürzer werden zu lassen, wenn ein Mäher den Rasen kurz hält. Dann kann das Blümchen auch einmal nur 1 cm Höhe erreichen.
Blühzeit ist Februar bis November.

Ihre Inhaltsstoffe sind Bitterstoffe, Flavonoide, Gerbstoffe, Inulin, Triterpensoponie sowie Spuren von ätherischem Öl.

Auch sie wurde und wird zu Heilzwecken eingesetzt: Bei Hauterkrankungen, Furunkeln, chronischen Ausschlägen sowie Erkrankungen der Atemwege.
Leonhard Fuchs (1501 – 1566), der „Vater der Botanik“, empfahl sie in seinem 1543 in deutscher Sprache erschienenen „New Kreutterbuch“ als Wundmittel, bei Gicht, Rheuma und Kropf.

In der Küche lassen sich Gänseblümchen ebenfalls einsetzen. Sie verzieren Salate, und man kann mit ihnen Butterbrote belegen. In der früheren DDR legten manche die Blütenknöpfe in Essig ein und verwenden sie als Kapern-Ersatz.

Abb. 4: Blüte des Gänseblümchens

Bei einer Pflanze, die so eindrücklich Einfachheit mit Schönheit verbindet, sticht die Sinnfälligkeit ihrer Erscheinung hervor.
Schon in germanischer Zeit war sie eine Symbolpflanze. Sie stand für Freya, der Göttin der Schönheit, Liebe und Fruchtbarkeit. Im Christentum wurde sie eine Symbolpflanze für Maria. Das reine Weiß der Korbblätter entspricht der Reinheit Mariens.

Doch auch im christlichen Umfeld haben sich einige Gedanken des Aberglaubens erhalten: Wer drei bis sieben Blüten zu Frühlingsbeginn schlucke, bleibe das ganze Jahr von Krankheiten verschont. Wenn ein Tritt mit dem Schuh sieben Gänseblümchen bedecken könne, sei der Frühling da. Dem, der getrocknete Gänseblümchen mit sich führe, die am Johannistag (24. Juni) mittags gepflückt wurden, gelinge jedes Werk.

Manch eine Leserin und mancher Leser dieser Zeilen kann sich noch erinnern, wie Mädchen aus Gänseblümchen erste Frühlingskränze wanden.

Auch eine vortreffliche Orakelblume ist Bellis perennis. Man kann mit dem Auszupfen der weißen Korbblätter zuverlässig herausfinden: „Er liebt mich, er liebt mich nicht, er liebt mich …“

Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit Gänseblümchen und Vogelmiere wird dringend abgeraten!

 

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)