Juni

Gemeine Pfingstrose 

Paeonia officinalis, Pfingstrosengewächse, Paeoniaceae, Staude

"Kaiserkron und Päonien rot,
Die müssen verzaubert sein,
Denn Vater und Mutter sind lange tot,
Was blühn sie hier so allein?"

Anfangsstrophe des Gedichtes „Der alte Garten“ von Joseph Freiherr von Eichendorff (1788 – 1857)

Abb. 1: Blüten

Es liegt schon ein sonderbarer Zauber über der Pfingstrose.
Die „Rose ohne Dornen“ entfaltet von Ende Mai bis Anfang Juni ihre Schönheit als die erste Gartenprimadonna im Jahreslauf.

Die Gemeine Pfingstrose ist heute selten.
Sie bildet eine etwa 50 bis 100 cm hohe Staude, ihre Blüten stehen einzeln auf Stängeln, die rosa Farbe kontrastiert prächtig mit dem sattgrünen Laub, ihren Blüten mit den auffallend reichlichen gelben Staubgefäßen entströmt ein betörend süßer, feinstrukturierter Duft.

Die Heimat der Gemeinen Pfingstrose sind ursprünglich gebirgige Gegenden im Mittelmeerraum bis über 1.000 m Höhe. Steinige Böden verträgt sie, allerdings sollten diese nährstoffreich sein, einen guten Kalkgehalt aufweisen und schon im Frühling leicht Wärme aufnehmen. Letzte drei Eigenschaften sind auch im Hausgarten eine günstige Voraussetzung für ihr Gedeihen.

Abb. 2: Staude mit Blütenknospen

Schon vor der vollen Blüte erfreut die Staude das Auge.

Von Benediktinern wurde sie im Mittelalter nordwärts über die Alpen in Klostergärten gebracht.
Die Synonyme der Gemeinen Pfingstrose erzählen viele Geschichten:
„Benediktinerrose“ und „Kirchenrose“ – diese Namen zeigen ihre Herkunft aus Klostergärten.
„Antonirose“ – sie blüht meist um den 13. Juni, dem Tag des Hl. Antonius von Padua.
„Gichtrose“ – ein Hinweis auf eine ihrer Verwendungen als Heilpflanze.
„Bauern-Pfingstrose“ (oder „Bauernrose“) – aus den Klostergärten wanderte sie recht schnell in die Bauerngärten.

Menschlicher Erfindungsgeist schuf aus der ursprünglichen Gemeinen Pfingstrose viele Gartenformen. Diese haben gefüllte Blüten und sind in den Farben rot, rosa, weiß und (seltener) gelb allgemein bekannt.
Hat sie einmal den Standort gefunden, der ihr zusagt, ist die Pfingstrose eine über Jahrzehnte beständige Staude. Standortwechsel mag sie nicht. Sie braucht dann einige Jahre, um sich am neuen Gartenplatz wohl zu fühlen.
Dafür bildet sie – anders als andere Stauden, z.B. der Phlox auch nach Jahren keine „Hexenringe“ um das Rhizom (=Wurzelgeflecht), das dieses verkümmern ließe.

Die Inhaltsstoffe der Gemeinen Pfingstrose sind in den Blüten: Paeonin, Flavonoide, Gerbstoffe, im Rhizom: Monoterpenesterglykoside und Saccharose.

Abb. 3: Blütenstrauch

Als Heilmittel werden die Blüten bei Haut- und Schleimhauterkrankungen eingesetzt, bei Hämorrhoiden, Rheuma und Erkrankungen der Atemwege. Und eben gegen Gicht.
Die Wurzeln finden bei Krämpfen, Magen-Darm-Störungen und Herzbeschwerden Verwendung.
Hippokrates und Hildegard von Bingen empfahlen die Paeonie gegen Verdauungsstörungen.
Paracelsus nutzte in einer bis ins Altertum reichenden Tradition die Wurzel der Pflanze gegen Epilepsie. Diese Behandlung ist bis in das 19. Jhdt. verbürgt: Erst 1860 verschwand die „radix paeonia“ (= Pfingstrosenwurzel) aus den Arzneimittelverzeichnissen.

Zu den Kuriositäten, die sich mit der Pfingstrose verbinden, gehört, dass der antike Arzt Theophrastos (371 bis 287 v. Chr.) riet, die von ihm als besonders wirksam bewerteten Früchte der weißen Pfingstrose nur bei Nacht einzusammeln. Andernfalls könnte ein Specht den Sammler entdecken und ihm die Augen aushacken. 

Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit Gemeiner Pfingstrose wird dringend abgeraten!

 

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)