März

Schneeglöckchen

Abb. 1: Schneeglöckchen und Grüne Nieswurz (s.a. Gartenseite vom März 2011)

Galanthus nivalis, Narzissengewächse, Amaryllidaceae, ausdauernde Pflanze

 

Obwohl sie eine so zierliche, wohlanzusehende Zwiebelblume ist, hat ihr botanischer Name nichts mit dem Adjektiv „galant“ zu tun. Er setzt sich zusammen aus den altgriechischen Wörtern „gala“ = Milch und „anthos“ = Blume. „Milchblume“ heißt sie also. Das „nivalis“ (lateinische: schneeweiß) verstärkt im Namen noch einmal den sichtbaren Eindruck der Pflanze, die im Englischen „Snowdrop“ = Schneetropfen genannt wird.

Als Heimat der Pflanzen gelten feuchte, schattige Laubmischwälder in Mittel- und Südeuropa sowie in Kleinasien.
Wild kommen sie in Deutschland heute nur östlich der Elbe vor. Wild sind sie in ihrem Bestand bedroht – wenn es nicht die massenhaften Vorkommen in Gärten, Friedhöfen und Klostergärten gäbe.

Ihre frühe Blüte macht sie für Insekten unentbehrlich.
Für Wirbeltiere allerdings sind sie ungenießbar, für einige kleinere Arten sogar giftig. Das schützt das Schneeglöckchen vor Tieren, die in ihnen eine willkommene Wintermahlzeit suchen. Menschen erleiden nach dem Verzehr Bauchschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Kleinere Säugetieren, z.B. Wühlmäuse, sind übler dran: Ihnen kann die Mahlzeit von Schneeglöckchenzwiebeln das Leben kosten.
Deshalb sieht man nie abgefressene Schneeglöckchen.

Die Inhaltsstoffe sind: Amaryllidacaeen-Alkaloide, Galanthamin, Lectine und Lycorin.
In den klassischen Lehrbüchern des 16. Jahrhunderts (z.B. Hieronymus Bock, 1539, Leonhard Fuchs, 1543 oder John Gerard, 1592) ist es nicht erwähnt.
Anders als noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird es nicht mehr als Herzmittel verwendet. Angeblich ist es im Kaukasus erfolgreich gegen Kinderlähmung eingesetzt worden.
Neuerdings wird es als Mittel gegen Morbus Alzheimer und Gedächtnisschwäche immer wieder ins Gespräch gebracht.

Das Schneeglöckchen gehört zu den „phaenologischen Pflanzen“= „Zeige-Pflanze“, die bestimmte Übergänge im Jahresverlauf der Natur anzeigen. Das Schneeglöckchen zeigt den Beginn des „Vorfrühlings“ an.Es ist meist 10 bis 20 cm hoch und blüht von Februar bis März (in milden Wintern auch schon von Januar an).Die Stängel tragen jeweils eine einzelne Blüte und sind in zwei graugrüne schmale, ca. 8 bis 12 lange Blätter gebettet.Die Blätter haben drei äußere etwa 1,5 bis 2 cm große weiße Blütenblätter, die inneren sind kleiner (0,7 bis 1,2 cm) und mit blassgrünen senkrechen feinen Strichen gezeichnet. Die deutlich grünen Flecken an den inneren Blütenblättern sind Pollenattrappen, die Insekten anlocken.

Abb. 2: Horst

Wo es wächst, bildet es gern Horste.

Verwechselt werden kann es eigentlich nicht, dennoch muss vor Verwechslungen mit dem noch giftigeren Märzenbecher gewarnt werden. Die sind außerhalb der Gärten viel seltener, wachsen aber in Mengen auf der Höhe des Bergzuges „Pagenrücken“ zwischen Bevern-Forst und Reileifzen.

Kurios ist die Überlebensstrategie. Das Schneeglöckchen – so sagen es viele Autoren – sei in der Lage, sich selbst auf ca. 8 Grad C zu erwärmen. Mit dieser sogenannten „Biowärme“ trotze es dem Frost, bringe sogar den Schnee in der unmittelbaren Umgebung ihrer Stängel zum Schmelzen und besorge so auch noch Wasser für die Zwiebeln.

Kurios ist ebenfalls die Vermehrungs-Strategie. Neben der Fortpflanzung durch Tochterzwiebeln gibt es bei den Schneeglöckchen die „Myrmekochorie“. Hinter diesem fremdartigen Wort verbirgt sich, dass Ameisen Teile der Pflanze zu ihrem Bau weg schleppen, diese fressen und den für sie wenig attraktiven Teil der Beute auf dem Weg zum Bau einfach liegen lassen. 
So entstehen eben auch neue Schneeglöckchen an den Orten, die der Zufall mithilfe von Ameisen gewählt hat.

Im Wisley Garden (südlich von London) kommen in jedem Februar tausende von „Galanthophilen“, um an Pflanzen seltener Sorten zu gelangen. Schon fast so verrückt wie die Tulpen-Hysterie in Holland im 17. Jahrhundert.

Wenige wissen es: Das kleine Schneeglöckchen ist direkt mit der riesigen Amaryllis verwandt, die in Mengen in Supermärkten feil geboten wird. 

Gartenfreunde sollten warten, bevor sie mit dem Rasenmäher die Schneeglöckchen übermähen: Bis in den Mai benötigen die Pflanzen Zeit, um Kraft zu sammeln und sich in den Boden zurück zu ziehen. Dort erwarten sie dann gestärkt den nächsten Winter.

Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit Schneeglöckchen wird dringend abgeraten!

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)