Juni

Akelei

Abb. 1: Dürer, Akelei

(Gemeine Akelei, Waldakelei)

Aquilegia vulgaris, Hahnenfußgewächse, Ranunculaceae, Staude

 

So vornehm apart wie auf dem Bild Albrecht Dürers präsentiert sich die Akelei im Klostergarten nicht. Sie erscheint dort als eine quicklebendige Pflanze des Gartens in den Monaten Mai bis Juli. Überall sprießt sie, überall streckt sie ihre blauen, blasslila, rosa oder dunkelblauen Blüten dem Himmel entgegen. Sie erreicht dabei Höhen von 30 bis 80 cm.

Sie ist eine Staude, aus deren Wurzelkörper mehrere Stängel wachsen. Die Laubblätter sind dreiteilig, am Rand jeweils eingekerbt. Die hängenden glockenförmigen Blüten haben jede einen langen schmalen Sporn.

Abb. 2: Pflanzengruppe

 

Die Akelei ist ein Gewächs der gemäßigten Zonen der nördlichen Erdhälfte. Sie ist in lichten Laubwäldern, Waldsäumen anzutreffen, z. B. am Südhang des Bergzugs „Pagenrücken“ im Forstbachtal bei Warbsen in der Nähe Amelungsborns. Sie bevorzugt einen sommerwarmen nährstoffreichen Boden, gern mit einer Mullauflage Sie liebt Kalk. Man wird also nie einen Rhododendron in der Nachbarschaft von Akeleien finden. 

Welch elegante Blüte! Sie ist denen der Orchideen ebenbürtig.

Abb. 3: Blüte


Viele Autoren verweisen bei der Erklärung des Wortes „Akelei“ auf Hildegard von Bingen, die den Namen „aglaia“ bzw. „agleya“ erstmals verwendet hat.
Dabei wird der Name abgeleitet von der indogermanischen Sprachwurzel „ak“ = spitz, scharf und auf den spitzen Blütensporn bezogen.
Andere führen den Namen auf lateinisch „aquila“ = Adler zurück, da der Blütensporn ähnlich gekrümmt sei wie der Schnabel und die Krallen eines Adlers.
Wieder andere erklären den Namen aus den lateinischen Wörtern „aqua“ = Wasser und „legere“ = sammeln. Auch hier ist es der Blütensporn, der zur Deutung hinzugezogen wird: In dem Sporn sammle sich der Nektar, der die bestäubenden Insekten anlocke.
Bei der Unbestimmtheit der philologischen Lage kann sich also ein jeder/eine jede diejenige Deutung aussuchen, die ihm/ihr am besten gefällt.

Abb. 4: Fruchtstände


Die Staubgefäße werden nur durch Insekten mit besonders langem Rüssel, z.B. Hummeln erreicht. Allerdings gibt es auch gewiefte „Nektarräuber“: Einige Hummeln beißen den Sporn von außen auf und holen sich auf diese Weise den begehrten Blütensaft. An diesen Öffnungen sind dann auch z.B. Bienen in der Lage, sich mit Nektar zu versorgen.

Im Juli und August reifen dann die Samenstände. Sobald sie genügend trocken sind, platzen sie auf und entlassen den Samen in die Umgebung.  Damit sorgen sie dafür, dass im nächsten Jahr neue Akeleien austreiben. 

Die Inhaltsstoffe der Akelei sind Isochinolalkaloide und Spuren von cyanogenen Glykosiden. Letztere stehen in dem Verdacht, Krebs erzeugend zu sein.
In der Volksmedizin fand die Akelei nur selten Verwendung. Vielleicht wurden die Menschen davon geschreckt, dass Tiere die Akelei nicht fressen.
In den Kräuterbüchern des späten Mittelalters und der frühen Renaissance wurde sie als Mittel gegen u.a. Menstruationsbeschwerden, Augenerkrankungen, Rachenentzündungen und Gallenbeschwerden empfohlen. Als kurios darf der Umstand gelten, dass sie, obwohl carcinogene Stoffe enthaltend, auch gegen Krebserkrankungen helfen sollte. Auch wurde ihr zugeschrieben, durch Hexerei und Zauberkunst verursachter männlichen Impotenz abhelfen zu können. Der Sud aus den giftigen Samen wurde zudem gegen Läusebefall der Körperhaut eingesetzt.

Die Akelei war 1985 „Blume des Jahres“ in Deutschland.

Aufgrund der markanten Blüten-, Blatt- und Fruchtform besteht keine Verwechslungsmöglichkeit mit anderen Pflanzen.

Abb. 5: Detail aus dem Weimarer Cranach-Altar

Neben der Lilie, dem Symbol für die Reinheit der Gottesmutter Maria, ist die Akelei Allegorie für die Mütterlichkeit Mariens und deren Demut (s. die gesenkten Blüten).
Die dreigeteilten Laubblätter sind obendrein ein Hinweis auf die hl. Dreifaltigkeit.

So war die Akelei eine der wichtigsten Symbolpflanzen der Malerei des späten Mittelalters. Dieses ist seit bald 200 Jahren in Vergessenheit geraten. Übrig blieb eine beliebte Blume für allerlei Stillleben.

Im Bereich des Protestantismus gibt es eine weitere Bedeutung der Akelei: Der von Lucas Cranach d. Ä. gestaltete Altar der Stadtkirche St. Peter und Paul in Weimar ist ein lutherisches Programmbild. Auf der linken Seite ist die Verdammnis gemalt, die von Christus besiegt ist, in der Mitte der Gekreuzigte, dessen rettendes Blut sich aus der Seitenwunde auf den Maler, der sich hier selbst in das Bild gemalt hat, ergießt und ihn erlöst hat. Der Maler wird eingerahmt von Johannes, dem Täufer, und Martin Luther, der auf die aufgeschlagene Bibel, die hl. Schrift weist.
Zu Füßen von Lucas Cranach und Martin Luther aber hat der Maler eine Akelei gesetzt. Sie erscheint hier als Allegorie für die Erlösung durch Christus.


Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit Akelei wird dringend abgeraten!

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)