September

Für Naschkatzen bietet der Klostergarten Köstliches - Himbeeren

Abb. 1: Himbeerstrauch

Rubus idaeus, Rosengewächse, Rosaceae, Staude

Um das Wachstum und den bevorzugten Standort einer Gartenpflanze zu verstehen, ist es oft förderlich, sich die Lebensbedingungen der ursprünglichen Wildform zu vergegenwärtigen.

Stürme und Feuersbrünste haben in der Erdgeschichte oft schon natürliche Schneisen und Lichtungen in den Urwäldern und den späteren forstwirtschaftlich genutzten Wäldern geschlagen. Eines der Prinzipien des Phyto-Wachstums ist das Streben der Pflanzen nach Licht, das die innerpflanzlichen bio-chemischen Reaktionen erst ermöglicht.

Nach dem Orkan „Kyrill“ im Januar 2007, der im dem Kloster Amelungsborn benachbarten Solling genau solche Kahlflächen erzwungen hatte, konnte man bald darauf sehen, wie Himbeeren und die ihnen verwandten Brombeeren die Sturmrodungen als Chance nutzten, ihrerseits Lebensräume zu gewinnen.
Bei einer Höhe von 100 bis 200 cm sind sie durch Stürme nicht gefährdet. (Brombeeren als kriechende Gehölze noch weniger).

In einem windzerzausten Gelände ist es von Vorteil, sich nicht nur durch Samenverbreitung zu vermehren, sondern auch durch unter der Erde sich ausbreitende Kriechsprosse.

Aber auch an Waldrändern und Lichtungsrainen sind diese Eigenschaften nützlich.

Damit sind schon einige wichtige Merkmale der Himbeere deutlich geworden,

Sie ist eine Pflanze der nördlichen Hemisphäre, vor allem in Mittel- und Südosteuropa. Bis auf eine Höhenlage von bald 2.000 m ist sie anzutreffen. Auch im westlichen Sibirien ist sie zu finden. Ob die Exemplare in Nordamerika aus eigener Kraft bis dahin gekommen sind, wird unterschiedlich beurteilt.
In Neuseeland jedenfalls ist die Himbeere importiert worden,

Die fünf weißen (manchmal rosa) Blütenblätter verraten ihre Zugehörigkeit zur großen Familie der Rosengewächse. Auch bei Brombeere, Erdbeere und Fingerkraut, bei Weißdorn und Hundsrose ist diese Fünfzahl der Blütenblätter zu entdecken. Die Blühzeit der Himbeere beginnt im Mai und Juni.
Die Schösslinge der Himbeere wachsen fast aufrecht und sind mit feinen Stacheln bewehrt.
Drei bis sieben Fiederblätter zweigen sich vom Schössling ab.

Die schon erwähnte Vermehrung durch Wurzelsprosse lässt Himbeeren zu imposanten Strauchgebilden heranwachsen.

Diese Vermehrung sorgt aber auch dafür, dass manche Gartenbesitzer zwar die Beeren gern nutzen, die Pflanzen aber als ein „Unkraut“ verfluchen.

Abb. 2: Fruchtstand

Die Himbeere fühlt sich im Halbschatten wohl – das ist ein Erbe ihrer Herkunft von Waldrändern und Lichtungen – sie mag feuchte Böden, verträgt aber keine stauende Nässe.

Der Namensteil „Beere“ ist eine Fährte, die in die Irre führt. Eine „Beere“, wie etwa die Johannisbeere, die Blaubeere oder die Preiselbeere, bei denen ein stärkehaltiger Fruchtteil den Kern umhüllt, ist die Himbeere nicht.
Aus ihren Fruchtblättern bilden sich Fruchtkörper, auf denen kleine Nüsschen sitzen. „Sammelsteinfrüchte“ wird in der Biologie diese Fruchtform genannt. Wir haben sie bereits bei der Walderdbeere im Beitrag August 2010 kennen gelernt. 

In den Früchten finden sich Anthocyanglykoside, Vitamin C, Fruchtsäuren, Kalium, Schleimstoffe, Pektin und Flavonoide. In den Blättern sind daneben auch Gerbstoffe (Tannine) vorhanden.
Aufgrund des Gerbstoffgehalts werden die Blätter volksmedizinisch für Blutreinigungen eingesetzt. Tees mit Himbeerblättern üben ihr zufolge eine harmonisierende Wirkung auf den ganzen Körper aus. Bei Übersäuerung, rheumatischen Erkrankungen und Infektionen  haben sie einen positiven Einfluss.

Diese Wirkungen sind auch den Mönchen des Mittelalters nicht verborgen geblieben.
Himbeeren waren für sie eine wichtige Grundlagensubstanz für ihre Heilmittel.

Die Himbeere im Amelungsborner Klostergarten gehört zu den im Herbst fruchtenden Sorten. Gegenüber den Sorten des Sommers, die oft von Maden durchzogen sind, haben sie den Vorteil, dass der Herbst für die Madeneltern, etwa die Himbeerkäfer, eine zu späte Jahreszeit ist, ihre Madenkinder rechtzeitig in das Leben eines Himbeerkäfers zu entlassen.

Die Geschichte der Himbeere als Heilpflanze lässt sich bereits in das Altertum verfolgen. Plinius d. Ä. (23 bis 79 n. Chr.) erwähnte sie ca. 77 n. Chr. gleich zweimal.
Carl von Linné hat den wissenschaftlichen Namen „rubus idaeus“ 1753 dann fest geschrieben.
So heißt die Himbeere seither unverbrüchlich.

Abb. 3: Angefressene Himbeere

Die Himbeere mit ihrem feinen Aroma war immer auch schon eine edle Zutat in der Küche. Ob als Marmelade, Gelee, als Kuchenzutat, die ihren Geschmack auch durch Hitze nicht verliert, als ideale Partnerin von „Eis und heiß“ und als Bestandteil von z.B. Käsekuchen, ist sie aus den Rezeptbüchern nicht wegzudenken.
Findige Männer (Frauen traut man solches ja nicht zu) haben es verstanden, aus den Früchten Himbeergeist zu destillieren und so das Aroma und den Duft der Himbeere auf Jahre hin haltbar zu machen.

Und warum heißt sie so?
Ihr Synonym ist auch: „Madebeere“ = Madenbeere. Schon frühere Generationen fanden das Vorhandensein von Maden nicht sehr appetitlich.
Verschiedene Autoren führen den Namen „Himbeere“ auf die althochdeutsche Bezeichnung „hintperi“ zurück, von „hindi“ = Hirschkuh und „peri“ = Beere, also die „Beere der Hindin“.
Ihrer Schlussfolgerung, Hirschkühe hätten wohl gerne diese Beeren gefressen, vermag der Verfasser dieser Zeilen allerdings nicht zu folgen.
Er hat mehr Menschen mit Genuss Himbeeren essen sehen als Hirschkühe, die diesem Vergnügen gefolgt wären.

Die Himbeere ist nicht giftig.

Nicht nur Menschen finden Gefallen an dieser Pflanze. Während der Blüte besuchen Insekten sie gern. Wenn die Beeren dann reif sind, naschen auch Insekten und Vögel  an den Früchten.

Achtung! Von unkontrollierter Selbstmedikation mit Himbeeren wird dringend abgeraten!

(Text und Fotos: Familiare Joachim Franke)