Amelungsborner Klosterschule und Kantorey

Den südöstlichen Bereich der Amelungsborner Mönchsklausur beherrscht ein langrechteckiges, doppelstöckiges Gebäude aus schwerem Bruchsteinmauer­werk und mit Dachplatten aus dem örtlich anstehenden roten Buntsandstein. Es lehnte sich ursprünglich östlich an den im 19. Jahrhundert abgerissenen Konventsflügel an, möglicherweise an Stelle eines Vorgängerbaus, wie der Merianstich aus der Topographia vermuten lässt. Auf dem ältesten bekannten Riss der Klosteranlage von 1729, einer Ichnographie von Hallensen, wird es als das „Neue Rector- und Cantor Hauß“ bezeichnet. Die Grundfläche wird in der braunschweigischen Generallandesvermessung von 1756 mit 17 Quadratruthen (=354 qm) angegeben.

Anlass und Nutzung des Hauses werden in Zusammenhang mit der von dem kleinen nachreformatorischen Pfarrkonvent unter Abt Steinhauer 1569 eingerichteten Knabenschule verständlich. Schule, Rektorwohnung und Internat waren zunächst in den Räumen und Zellen des ehemaligen Konventsflügels der Mönchsklausur untergebracht, der in den Urkunden dann „Schule und alte Rector Hauß“, später „die alte Schule“ bzw. „Slaphus“ hieß. Nach hoffnungsvollem Beginn brachte der 30jährige Krieg dem Kloster durch Verwüstungen, Vertreibung des Konvents und zeitweilige Reokkupation durch Zisterziensermönche den finanziellen und institutionellen Zusammenbruch, so dass die Abschaffung der Schule durch Herzog August d.J. erwogen wurde. Abt Toppius setzte 1655 die Wiederaufnahme des Unterrichts durch. Die Zöglinge dienten mit Horensingen und der Chorarbeit der Fortsetzung der klösterlichen Tradition. Nach wirtschaftlicher Erholung konnte im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts ein neues Doppelhaus für Rektor und Kantor gebaut werden, das urkundlich auch „Kantorey“ hieß. Die Schüler wohnten weiter im Slaphus. Seit der Verlegung der Amelungsborner Klosterschule nach Holzminden 1760 erfuhr das Gebäude mehrere Umnutzungen und wurde 1992 nach Entkernung und Aufgabe der früheren Innengliederung unter der traditionellen Bezeichnung „Kantorey“ für heutige Bedürfnisse des Klosters mit 3 Wohnungen, diversen Einzel- und Doppelzimmern sowie Nasszellen hergerichtet.

HWG 2004

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