Die neue Bibliothek

Die neue Bibliothek
Plan 1974
Idealplan
Eisbeil (Heimatstube Hehlen)

Ein Restbau der ehem. Mönchsklausur aus schlichtem lagerhaften Mischmauerwerk des ortstypischem Buntsandsteins mit Fachwerkaufsatz unter dem abgewalmten, mit Sandsteinplatten gedecktem Dachgeschoß wurde zwischen 1999 und 2001 unter Wahrung des äußeren Erscheinungsbildes saniert und zu einer neuen Klosterbibliothek ausgebaut. Die Arbeiten wurden 2004 abgeschlossen.

Erste bildliche Dokumentationen von 1729, 1744 und 1756 zeigen das Gebäude als südlichen Abschluss des nach 1569 als Klosterschule und Rektorhaus genutzten Konventsbaus „Slaphus“, allerdings bereits in stark ruinösem Zustand. Es scheint aber sicher, dass zumindest das Fundament und einige aufstrebende Mauerteile noch der Mönchszeit zuzurechnen sind. Ein halbes Gewände in der Nordwand neben dem neuen Zugang lässt auf eine Öffnung zum ehemaligen Kreuzgang schließen.

Mangels architektonischer Merkmale, Einrichtungsrelikte oder neuerer Grabungsaufschlüsse lassen sich Hinweise auf Alter und frühere Nutzungen des Gebäudes nur aus den leitbildlichen Vorgaben des sog. Idealplans der Zisterzienserklöster, der die zisterziensischen Baugewohnheiten aufzeigt, und den topographischen Gegebenheiten im südlichen Amelungsborner Klosterareal gewinnen. Danach sind hier (a) das Kalefaktorium (Wärmestube) oder (b) die Latrinen der Mönche zu vermuten. Für ein Kalefaktorium spricht die Lage  am Südstrang des Kreuzgangs zwischen dem Dormitorium und dem vermuteten Refektorium der Mönche, während die Latrinen in gradliniger Fortführung des Querschiffs der Kirche gewöhnlich den südlichen Abschluss des Dormitoriums bildeten. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Wasserführung in Form eines Baches oder Schwemmkanals als Ver- und Entsorgungselement eine elementare Bedeutung zukam: Das Amelungsborner Wasser aus den Quellen des Voglers spülte nach Durchfließen der Verbrauchsstellen Küche, Brunnenhaus, Ställe usw. zuletzt die am fraglichen Ort zu suchenden Latrinen, bevor es in das angrenzende Hooptal abfloss.

Daraus ergibt sich, dass eine endgültige Klärung der Frage nach der ursprünglichen Zweckbestimmung des Gebäudes am Standort der neuen Klosterbibliothek nicht möglich ist.

Für die Zeit nach 1569, als der Konventsflügel zur Klosterschule mit Rektorwohnung umfunktioniert worden war, und insbesondere nach Errichtung des neuen Rektor- und Kantorhauses (Kantorey) setzte der bauliche Verfall des Kreuzgangs und der ihn östlich anliegenden Gebäudeteile bis zum endgültigen Abriss im 19. Jahr­hundert ein. Nur Reste blieben der Nutzung durch die Gutsöko­nomie erhalten. So hat sich bis heute im lokalen Sprachgebrauch die Bezeichnung „Eishaus“ für die neue Klosterbibliothek erhalten, denn hier wurde in neuerer Zeit nachweislich Natureis gelagert, das im Winter aus nahen Teichen beim Eisschneiden mit Beilen, später Sägen gewonnen wurde und das sich das Jahr über für die Kühlung von Milch und anderen Lebensmitteln verwenden ließ, bis im 20 Jahrhundert Kühlschränke in Gebrauch kamen.

Die Bestände der neuen Klosterbibliothek reichen bis ins 17. Jahrhundert zurück und enthalten z.Zt. mehr als 4.500 Bände zur evangelischen Theologie, zur Kirchen­- und Ordensgeschichte der Zisterzienser, dazu Gesangbücher mit Unterlagen zum neuen Kirchengesangbuch, Luthers gesammelte Werke und vieles mehr.

Bestände aus der Amelungsborner Mönchszeit und der Schule sind nicht mehr vorhanden.

H.W.Göhmann 2005

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