Abendmahlskelch von 1478

Der in der Abtsliste von 1560 und dem mittelalterlichen Totenbuch des Klosters Amelungsborn genannte Johannes IV., einer der zahlreichen klösterlichen Träger des Namens, war ein Spross der Grafen von Dassel. Von 1465 bis 1477 bereits als Prior ausgewiesen, wurde er 1477 in das Amt des 27. Abtes gewählt, das er bis zu seinem Ableben am 5. Juli 1483 ausübte. Wohl aus Dankbarkeit für seine Berufung stiftete der aufgrund seiner Herkunft nicht unvermögende Adlige einen prächtigen Abendmahlskelch. Eine Inschrift auf der Fußscheibe bestätigt das:

„orate.pro.iohane. abbe.an°.m°.lxxviii" (Übers.: Betet für Abt Johann. Im Jahre 1(4)78).
Die beträchtlichen Herstellungskosten stehen unter den Benigna/Philippus-Segmenten in Kursivschrift eingeritzt:
„(C)LXX gülden kostet golt makelon un (...)steyn / veget 8 mark 6 loet" (Übers.: 170 Gulden kostet Gold, Machelohn und Edelsteine, wiegt 8 Mark 6 Lot)

Der Kelch ist bis zum heutigen Tag am Stiftungsort für den Dienst am Altar erhalten geblieben, obwohl das Kloster in Kriegszeiten und durch Veruntreuung seine materielle und literarische Ausstattung fast vollständig eingebüßt hat.

Maße: Höhe über alles: 21,2 cm / Fuß mit Platte: Höhe 6,2 cm - größte Breite 16,7 cm -kleinste Breite 14,3 cm / Schaft mit Wulst: Höhe 7 cm - Wulstbreite 7 cm / Schale: Höhe 8 cm - Durchmesser 12 cm, Inhalt 0,55 1 / Gewicht: ca. 800 g

Beschreibung: Aus der Fußscheibe steigt ein sich trichterförmig verengender Sechspassfuß mit reichem spätgotischen Maßwerk auf. Gravuren auf Schaftringen ober- und unterhalb des Knaufs enthalten je Feld eine von 6 Minuskeln, die sich über dem Knauf zu „maria", unterhalb zu „s iohan" addieren. Genauso bilden sechs übereck gestellte quadratische Zapfen auf blauem Email den Namen „iesus" und ein griechisches Kreuz. Den grün-braunen Feldern des Kelchfußes sind gegossene Relieffiguren aufgelegt: der gekreuzigte Christus und die Amelungsborner Altarheiligen „sanct philipus, sancta benigna, sancta barbara, sancta katrina und s. iacobb minor". Bemerkenswert ist die Zisterziensernonne Benigna aus dem Trebnitzer Konvent, die während der Mongoleneinfälle ihr Martyrium erlitt. Die schlank parabelförmige Kelchschale dient der Aufnahme des heiligen Blutes.
H.W. Göhmann 2011