Die Brunnenschale

Die Brunnenschale
Die Brunnenschale

Brunnen mit fließendem Wasser sind seit dem Altertum ein beliebtes dekoratives Element der Baukunst. Ihr Wasser aus Quellen oder Wasserverteilungsstellen diente der körperlichen und geistigen Reinigung und Stärkung . Auch in den Atrien frühchristlicher Kirchen und den Kreuzgängen der Klöster hatten Brunnen neben praktischen und liturgischen Zwecken die symbolische Bedeutung als Lebensbrunnen (= fons vitae) im Sinne des 36. Psalms (Gott als Quell des Lebens) und der Auffassung der Mystiker. Zisterzienserklöster, die sich in ihrer Typologie als geschlossene Gruppe innerhalb der Vielzahl der mittelalterlichen Klöster darstellen, sind in der Regel mit ihren Funktionsbauten um einen viereckigen, offenen Hof, das Quadrum gruppiert, den der Kreuzgang mit dem Brunnenhaus einrahmt.
Die Wasserversorgung des Amelungsborner Klosters erfolgt seit alters wegen seiner Lage oberhalb des Bachlaufs im Hooptal durch eine ca. 2 km lange Röhrenleitung aus Quellen am Voglerrand bei Holenberg, deren Anlage Abt Mahrenholz bereits im 1. Jahrhundert der Klostergründung vermutete (Mitteilung von Klosterküster Kuhlmann).
Auf die Errichtung eines Brunnenhauses im Kreuzgang weist ein Vermerk im Totenbuch, den Anniversaria fratrum et benefactorum ecclesiae Amelungesbornenses, unter dem 15. Dezember: "Olricus famil., qui dedit novam marcas argenti ad fontem ...".Dieses älteste erhaltene Nekrologium wurde zwischen 1269 und 1291/92 geführt. Dabei bezeichnet fons ein in Zisterzienserklöstern übliches, kapellenartig erbautes Brunnenhaus, das an den Kreuzgang stößt.
Historische Risse von 1729, von 1744 und von der braunschweigischen Generallandesvermessung von 1756 zeigen, dass das Brunnenhaus am westlichen Flügel des Kreuzgangs anlehnte und mit 4 Seiten eines Sechsecks aus diesem vortrat. Angaben über Höhe, Bedachung, Zierrat oder Inneres sind nicht überliefert. Die vielleicht ehemals einzige Brunnenschale von 2,40 m Durchmesser wurde beim Abbruch des Kreuzgangs um 1860 am Torhaus aufgestellt.
So sah sie Steinacker 1907 in seinem Kreisinventar: "Brunnenschale. Nördlich der Kirche gegenüber dem Tore steht eine als Tränke benutzte flache Schale aus rotem Sandstein über einem runden, mühlsteinartigen Fuße ... Die Verwitterung des Steines deutet auf ein ziemliches Alter." (1951 stand sie da immer noch,  siehe Abb.) Gut 100 Jahre später hat sie der Gutspächter als Springbrunnen in ein Gärtchen vor das Gutshaus transloziert.
Sie wurde jetzt bei Gelegenheit eines Pächterwechsels  auf einem glatten quadratischen Fuß an ihren ursprünglichen Standort zurückversetzt und  restauriert.
HWG 2001

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