Amelungsborner Kanzeln

Im deutschen Sprachgebiet kamen Kirchenkanzeln erst seit dem Spätmittelalter in Gebrauch. Es handelte sich in der Regel um bewegliche Holzkonstruktionen mit Treppe und Brüstung, aber ohne künstlerischen Schmuck, fast immer an einem Pfeiler befestigt oder an ein Wandstück des Kirchenschiffs angelehnt. Sie sollten dem Prediger vor großen Zuhörermassen zu besserer visueller und akustischer Wahrnehmung verhelfen. Ihre Weiter­entwicklung bis Ende des 15. Jahrhunderts zu der heute vertrauten  Form mit tragenden Säulen, Schalldeckel und aus verschiedenen Materialien in oft künstlerischer Ausführung wurde auch in kleineren Kirchen durch die zunehmende Predigttätigkeit seit der Reformationszeit gefördert.

Eine Kanzel wird es in der Klosterkirche Amelungsborn nicht vor Einführung der Reformation 1568 gegeben haben, sondern erst, nachdem die Mönchskirche für die Bewohner der Klosterdörfer geöffnet war, vielleicht zeitgleich mit der 1592 erfolgten Aufstellung des Taufsteins (vgl. Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterAM 6.). Erstmals dokumentiert ist eine hölzerne Barockkanzel von 1724 (vgl. Öffnet einen internen Link im aktuellen FensterAM 11), von der Teile des Kanzelkorbs und der eichene Stützpfosten noch vorhanden sind. Eine neuere Kanzel in romanischem Stil wurde gegen Ende des Zweiten Weltkriegs während der Beschießung des Klosterareals zerstört. Als am 12. Juli 1959 Landessuperintendent Stark aus Göttingen die restaurierte Klosterkirche in einem Weihegottesdienst den Gemeinden Negenborn und Holenberg wieder zum gottesdienstlichen Gebrauch übergab, wurde auch die gegenwärtige, von dem Stadtoldendorfer Fabrikanten Wilhelm Kübler gestiftete, von dem Holzmindener Bildhauer Korn-Hohenhau geschaffene und von Kirchenmaler Droste aus Hameln dezent vermalte Kanzel in Gebrauch genommen. Sie steht am südöstlichen Pfeiler des Langhauses und zeigt an ihrem sechseckigen, schlicht-kantigen Korb die vier Standfiguren der Evangelisten: in ernster Pose, Bücher in den Händen und unter sich die sie kennzeichnenden Symbole Mensch, Löwe, Stier und Adler.

HWG 2006

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