Rosa gallica „officinalis“ im Amelungsbomer Klostergarten

Rosa gallica „officinalis“
Rosa gallica „officinalis“

Von den im Klosterareal siedelnden Pflanzen mit Bezug zur Frömmigkeits- ­und Sozialgeschichte des Ortes verdienen die Rosenrabatten am Sitzplatz an der Südwestecke der Kantorey besondere Beachtung. Es handelt sich um die zwei ältesten Varianten der einmal blühenden Essig- oder Apothekerrose (Rosa gallica), früher auch französische oder Provinz(Provence)-Rose genannt: Die Urform hat einfache bis halbgefüllte, duftende, hellkarmesinrote Blüten mit gelben Staubgefäßen, ihr Spot „Versicolor“ aus dem 16. Jh. blüht tiefrosa mit weißer bis blassrosa Streifenmalerei. Beide Arten verbreiten typischen Rosengeruch. Ihre Triebe werden bis 70 cm hoch, sind mit Stacheln und Stieldrusen besetzt und blühen im Juni/Juli.

Die Blütenblätter enthalten 0,01-0,06 % ätherisches Öl, große Mengen an Gerbstoffen und Flavonoide. Wegen seiner adstringierenden Wirkung wurde ein Aufguss aus Blütenblättem früher bei Durchfall und als Mund- und Gurgelwasser verwendet, heute nimmt man den Aufguss und das kostbare Rosenöl (aus 3-4 kg Blütenblättern lässt sich 1 g destillieren!) bei grippalen Erkältungen, Entzündungen des Mund- und Rachenbereichs, auch Störungen der Harnwege. Die kleinkugeligen Hagebutten sind eine der besten Vitaminquellen (C, A, K und Bs).

Die Gallicarose stammt wohl aus Persien. Blütenblätter und Rosenöl wurden bereits in den antiken Kulturen der Ägypter, Griechen und Römer in großen Mengen als wertvolle Handelsware für Kult und Medizin erzeugt. Kreuzfahrer brachten die Pflanze im 13. Jh. nach Frankreich. Von dort verbreitete sie sich in den Gärten Europas.

Das Capitulare de villis Karls des Großen und der St. Gallener Klosterplan empfahlen den Anbau der Rose als Heilkraut und Symbol des verflossenen Blutes Christi und der Märtyrer. So ließ Hildegard von Bingen Rosenblätter auf die Augen legen, um das „Triefen“ herauszuziehen. Am Schluss seines Gedichts „De cultura hortorum“ schwärmt Walahfrid Strabo vom Symbolgehalt von Rose und Lilie, die für ihn die höchsten Preise der Kirche - Martyrium und Glauben - versinnbildlichten. Überhaupt hat die Rose wegen ihres Duftes, ihrer Schönheit und Vergänglichkeit in Dichtung, Volkskunst und Mystik einen engen Symbolbezug zu Liebe, Tod und Paradies.

© HWG 2004

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