Die Gemeine Mispel - mespilus germanica -

Am Wasserplatz neben dem mittelalterlichen Amelungsborner Klostergarten steht ein seltenes historisches Obstgehölz, die Gemeine Mispel.
Mispeln sind 3-6 m hohe, unregelmäßig krumm wachsende, winterharte Bäume; sie bestechen im späten Frühjahr durch eine Fülle 3-5 cm großer, weißer Einzelblüten mit rosafarbenen Staubbeuteln an Kurztrieben, aus denen sich im Herbst gelblich-braune Früchte entwickeln. Ihre filzig grünen Blätter verfärben sich im Herbst rötlich braun. Heute selten geworden, wurden sie schon in der Antike kultiviert, im Mittelalter von den Römern in Europa verbreitet und waren dort bald in jedem Klostergarten selbstverständlich. Sie gehörten in der Landgüterordnung Karls des Großen unter die 16 genannten Obstgehölze und waren Shakespeare in seinem Romeo-und-Julia- Drama erwähnenswert.
Die kugeligen, ca. 3 cm messenden Früchte der Mispel haben am unteren Ende eine Öffnung mit abstehenden Fasern; dünnes Gewebe umschließt 5 Steinkerne. Zur Reifezeit Ende Oktober ist das Fruchtfleisch zunächst steinhart und wird erst nach wochenlanger Lagerung bzw. Frosteinwirkung teigig und süß-sauer genießbar. Sein Geschmack erinnert an Pflaumen¬kuchen und Apfelmus. Es kann zu Marmelade verkocht oder zu Säften verarbeitet werden. Wegen seines hohen Gerbsäureanteils diente es früher in Wein oder Most der besseren Haltbarkeit, und noch heute verleiht es dem hessischen Apfelwein eine charakteristische herbe Note. Die Volksmedizin kennt die entzündungshemmende und harntreibende Wirkung der Mispel, sie soll die Verdauung fördern, Entzündungen des Darms lindern und gegen Arterienverkalkung helfen.
H.W. Göhmann 2010